| | PPG Wave / EVU MIDI Nachrüstung
Die PPG-Geräte, die vor 1984 gebaut wurden, haben von Haus aus keine
MIDI-Schnittstelle. Das betrifft einen guten Teil der Waves der 2.2-Reihe sowie
die frühen EVUs.
Als der Wave 2.3 aufkam, bestand die Möglichkeit, vorhandene Wave 2.2's auf
Wave 2.3 umzurüsten. Zwei dieser Geräte sind in meinem Besitz. Im Rahmen dieser Nachrüstung wurden auch 8
Einzelausgänge und MIDI nachgerüstet. Die MIDI-Nachrüstung besteht dabei aus
einer kleinen Zusatzplatine, die auf das I/O-82-Board aufgesteckt und an einigen
Punkten festgelötet wird:
Der
6840-Chip wird dabei aus dem I/O-82-Board herausgezogen und auf der ACIA
MIDI-Platine wieder eingesteckt. Die Platine wird in den freien Sockel des
6840 eingesteckt, nachdem sie vorher an zwei Stellen über dünne Kabel
(auf dem Bild nicht sichtbar, da von der Platine verdeckt) mit dem
I/O-82-Board verlötet wurde.
In meinem Fall wurde die Nachrüstung im Werk vorgenommen, und man
hielt sich (leider) an die empfohlene Vorgehensweise, die Platine mit dem
Original-6840-Sockel an einigen Stellen zu verlöten, um eine höhere
Sicherheit zu gewährleisten... was eine nachträgliche Analyse
meinerseits deutlich erschwerte.
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Über den im Bild sichtbaren freien Sockel wird die ACIA MIDI-Platine
dann mit dem MIDI I/O-Board verbunden:
Das rechte der
beiden Flachbandkabel führt zur ACIA-MIDI-Platine (bzw. bei
fabriksmäßig mit MIDI ausgestatteten Geräten zum I/O-84-Board), das
linke ist für die Einzelausgänge zuständig und wird mit dem Motherboard
verbunden. |
Bei dieser (mit dem I/O-84-Board kompatiblen) Lösung ist die
MIDI-Schnittstelle also über zwei Karten verteilt und mit den Einzelausgängen
zwingend zu einer Einheit verbunden. Für einen Einsatz in einer
nicht-MIDIfizierten EVU ist dieser Ansatz also unbrauchbar, da diese ohnehin
schon 8 Einzelausgänge auf der Vorderseite hat (und weder Platz auf der
Rückseite noch den passenden Anschluß auf dem Motherboard aufweist).
Außerdem gibt's die PPG-Karten sowieso nicht mehr zu kaufen...
Alternativlösung
Um meine EVU mit MIDI nachzurüsten, mußte ich also einen anderen Weg gehen.
Dieser bestand darin, die PPG-Lösung funktionell nachzubauen. Erster Schritt
dazu war, sie einmal prinzipiell auseinander zu nehmen und das Schaltschema der
über die beiden Karten verteilten Logik herauszuarbeiten. Heraus kam dabei folgendes Diagramm:
Hier klicken für ein .tif-Bild in Originalgröße oder hier klicken
für ein etwas kleineres .gif-Bild
Wenn das jemand bekannt vorkommen sollte, kein Wunder - eine Hälfte davon ist im Wave 2.3
Service Manual enthalten.
Materialliste
| 4 IC-Sockel DIL 2x14 17,7mm
(3 wenn abweichende Konstruktion - siehe "Konstruktionsfeinheiten"
weiter unten) |
| 1 IC-Sockel DIL 2x12 17,7mm |
| 2 IC-Sockel DIL 2x7 10,1mm |
| 1 IC-Sockel DIL 2x4 10,1mm
(eigentlich bräuchte man da einen mit 2x3 Pins für den PC900, aber so
etwas konnte ich nicht auftreiben) |
| 1 6850 ACIA |
| 1 Optokoppler PC900 |
| 1 Quarz 2.000MHz |
| 1 Kondensator 1000pF |
| 2 74LS04 (oder 74S04, 74HC04) |
| 1 Elko 47µF |
| 1 Diode |
| 6 Widerstände 220 Ohm |
| 2 Widerstände 680 Ohm |
| 2 (4) Kondensatoren 100nF
je nach Aufbau - ich habe für die 7404-Chips Sockel mit eingebauten
Kondensatoren gewählt (je weniger Lötaufwand, je lieber; siehe folgendes
Bild) |
| 3 DIN-Buchsen Typ 4 |
| Verbindungskabel in geeigneter Länge, 2* 3polig (Thru, Out), 1* 2polig
(In) |
| 1 Lochrasterplatine (meine hat eine Größe von etwa 100x160mm, aber je
nach Aufbaugeschick kann sie auch kleiner sein) |
Die folgenden Bauteile sind nur erforderlich, wenn meine Stecklösung
nachgebaut werden soll:
| 1 Stiftleiste 2,54mm 10 Stifte |
| 1 Buchsenleiste 2,54mm 2 Stifte
(Verbindung zu I/O 82) |
| 1 Buchsenleiste 2,54mm 8 Stifte
(Verbindung zu MIDI-DIN-Buchsen)
ich habe dafür auf vorkonfektionierte Kabel mit angeschlossener
Buchsenleiste zurückgegriffen - etwas teurer, aber weniger Aufwand. |
Aufbau
So - und das habe ich dann auf einer 2,54 mm-Lochrasterplatine aufgebaut.
Hier ein Bild:
Vielleicht nicht die bestmögliche Arbeit, aber mein ambitioniertestes
Lötprojekt bis jetzt :-)
Die Verbindung mit dem I/O-82-Board wurde folgendermaßen gelöst:
Die
PPG-Lösung besteht aus einem festverlöteten Anschluß. Ich habe lieber
Lösungen, die man im Bedarfsfall leicht auseinandernehmen kann und habe
deshalb zwei Anschlüsse der Stiftleiste für den Anschluß verwendet.
Das rote Kabel ist direkt mit Pin 14 des 74LS138 verlötet. Das
schwarze Kabel ist mit einer Durchführung im I/O-82-Board verlötet,
welche zu Pin 21 des 6522-Chips führt.
PPG hatte dafür eine andere, funktionell äquivalente Lösung: hier
wird ein isolierter Draht durch das im Bild mit "PPG Way"
betitelte Loch geführt und direkt mit Pin 21 des 6522-Chipsockels
verlötet. |
Und so sieht's dann fertig aus:
Die 8 hier
freien Stifte werden für die MIDI-Anschlüsse In (2 Stifte), Thru (3
Stifte) und Out (3 Stifte) verwendet (ich wollte nicht das ganze Gerät in
den Scanner legen :-).
Ich habe
MIDI-Anschlüsse dieses Typs verwendet:
Paul Maddox meinte, daß es besser wäre, Plastikbuchsen zu
verwenden, da die Metallabschirmung bei Verwendung mancher Kabel zu
Brummeinstreuungen und "seltsamen MIDI-Daten" auf MIDI In
führen könnten.
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Konstruktionsfeinheiten
Eine interessante Frage war, speziell für Nicht-Elektroniker wie mich, wie
die Grundkonstruktion bewerkstelligt wurde, mit der die MIDI-Platine im
6840-Sockel eingesteckt wurde. Wenn man nämlich einen normalen IC-Sockel auf
der Platine auflötet, stehen die Beinchen unten nicht weit genug
heraus, um sie in den Originalsockel einzustecken... ich habe auch einige
Kataloge durchstöbert, in der Hoffnung, etwas passendes aufzutreiben, aber da
war nichts zu machen. Not macht erfinderisch - ich habe also einen normalen
IC-Sockel absichtlich zerstört, um an die Einzelsockel heranzukommen.
Mit einem
Heißluftfön geht das sehr gut - irgendwann fängt der Sockel an zu schmelzen (Achtung:
bei der Temperatur fängt Holz auch schon zu brennen an!) und man kann
vorsichtig mit einer (gut isolierten!) Zange die Beinchen herausziehen. |
Der
nächste Schritt war etwas leichter - die Beinchen müssen in der Platine
versenkt angebracht werden, damit sie unten weit genug herausstehen, um in
den Originalsockel eingesetzt zu werden. Um das zu bewerkstelligen, habe
ich die notwendigen 2x14 Löcher auf der Lochrasterplatine vorsichtig auf
1.5mm aufgebohrt (siehe Bild rechts).
In diese
Löcher kann man dann die Einzelsockel bequem einsetzen.
Achtung: Beim Verlöten sollte mit Lötzinn sparsam umgegangen
werden, damit die Stifte unten noch ordentlich in den Originalsockel
eingesetzt werden können! |
Auf die Einzelsockel wird dann ein ganz normaler IC-Sockel aufgesetzt.
Ich habe das vor dem Verlöten gemacht, da die Pinausrichtung so
wesentlich einfacher geht. |
Theoretisch
müßte anstelle der obigen Bastelei ein Aufbau mit einem Sockel für WireWrap-Technik möglich sein;
eine derartige Konstruktion sollte allerdings mit dem darunter
liegenden Sockel verlötet werden, da die Beinchen etwa einen Zentimeter weit aus der
Platine herausragen, was eine verminderte mechanische Stabilität
bedeutet. Alternativ könnte man die Pins auf gleiche Länge kürzen, das
ist allerdings schon Präzisionsarbeit. |
Wenn jemand eine bessere Methode kennt, oder einen Verweis auf vorgefertigte
Bauteile hat, mit denen man sich die Fitzelei ersparen kann, bitte ich darum,
Details zu erfahren! |
Eine
interessante Frage beim Lochrasteraufbau war auch, wie Kabel an die
Einzelsockel angelötet werden können - das muß von oben geschehen, da
unten ja der nächste IC-Sockel eingesteckt wird. Um einen stabilen Aufbau
zu gewährleisten, habe ich dazu speziell gebogene Kabel verwendet, die
ich unten auch noch mit der Platine verlötet habe. Wahrscheinlich ist das
nicht notwendig, da die Platine keinen groben Einwirkungen ausgesetzt sein
sollte, aber man weiß ja nie... |
Das
Ganze wird dann noch auf zwei normale IC-Sockel aufgesetzt, damit eine
Bauhöhe erreicht wird, die es erlaubt, die MIDI-Platine aufzusetzen, ohne
darunterliegende Bauteile zu berühren.
PPG verwendete übrigens dieselbe Konstruktion. Dort wurden zur
Sicherheit die Sockel an einigen Stellen miteinander verlötet. |
Betrieb
So... das war's. Beinahe... dann müssen natürlich noch passende Löcher in
die Geräterückwand gebohrt werden, MIDI-Buchsen eingesetzt werden, das ganze
wieder zusammengebaut werden, und dann kann's schon losgehen...
Oder fast.
Die Waves und EVUs müssen auch noch mit einem neuen Betriebssystem
ausgestattet werden, das die MIDI-Schnittstelle kennt. Für den Wave 2.2 ist das
zumindest V4.5, für die EVU ist es V3. Images dieser EPROM's gibt's auf Paul
Maddox' PPG
CD-ROM (Wave V4.5 erst ab CD-ROM V3).
Wenn jemand nicht die Möglichkeit hat, EPROMs zu brennen, kann er mich kontaktieren.
Eine komplett neue Version des
Betriebssystems, die es erlaubt, Programmdaten mit Computern auszutauschen,
finden Sie hier.
Bevor die neuen EPROMs eingesetzt werden, müssen unbedingt die aktuellen
Programme gesichert werden! Je nach vorheriger Betriebssystemversion kann sich
das Programmformat ändern, wodurch die Programme alle verloren gehen.
So... und wenn alles gut gegangen ist, spricht das Gerät nach dem Aufdrehen
plötzlich MIDI.
Kostenaufwand: für die obige Lösung etwa 20 Euro.
Zeitaufwand: nun... ich habe etwa eine Woche damit verbracht, ein Nachbau sollte
schneller gehen.
Nachbauten
Lars Johansson hat das MIDI-Interface für seinen 2.2 nachgebaut. Hier ist seine
(noch nicht ganz fertige) Lösung:
Wie man sehen kann, hat er viel Zeit darauf verwendet, die Elemente optimal
zu plazieren! Und hier ist das Endprodukt:
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Stand: 26.10.03 |
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